Geschichtsverein Setterich e.V.
Geschichtsverein Setterich e.V.

Die evangelische Kirche

Bis in die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden die wenigen evangelischen Christen in unserem Gebiet von den nächstliegenden Gemeinden Geilenkirchen-Hünshoven und Jülich aus betreut. Zur Gemeinde Geilenkirchen-Hünshoven gehörten Loverich, Floverich, Puffendorf, Baesweiler und Beggendorf, während Setterich und Siersdorf zur Gemeinde Jülich zählten. Nachdem Setterich zum 1.1.1935 aus dem Landkreis Jülich in den Landkreis Geilenkirchen wechselte, wurden im Jahre 1936 die Orte Setterich und Siersdorf aus der evangelischen Kirchengemeinde Jülich in die 1927 gebildete Kirchengemeinde Alsdorf-Baesweiler eingemeindet. Dies lag wohl auch daran, dass am 31. Oktober 1927 die Friedenskirche in Baesweiler eingeweiht wurde und der Weg nach Baesweiler erheblich kürzer als der nach Jülich war. Während im noch rein ländlich geprägten Setterich die Zahl der Evangelischen noch sehr gering war, stieg sie in Siersdorf nach dem Beginn der Abteufarbeiten für die dort vom Eschweiler-Bergwerks-Verein (EBV) geplante Grube "Emil-Mayrisch" von weniger als 10 auf etwa 40 an.

Am 1. Juli 1953 wurden aus der Kirchengemeinde Alsdorf-Baesweiler zwei selbst-ständige Gemeinden. Zur neuen selbständigen evangelischen Kirchengemeinde Baesweiler gehörten die Ortschaften Baesweiler, Beggendorf, Loverich, Floverich, Puffendorf, Bettendorf, Oidtweiler, Altmerberen, Siersdorf und Setterich.

Die Kirchengemeinde Baesweiler hatte Predigtstellen in Baesweiler, Setterich und Siersdorf, die von Pfarrer Gursky betreut wurden, der seit dem 1. Dezember 1950 eine zweite Pfarrstelle bei der vormaligen Kirchengemeinde Alsdorf-Baesweiler innehatte.

 

Im Jahr 1952 hatte die Förderung auf "Emil-Mayrisch" begonnen. Die ersten zuziehenden Bergleute wurden in zwei Neubaugebieten in Siersdorf untergebracht. Im gleichen Jahr mietete die evangelische Kirchengemeinde das alte Schulgebäude in Siersdorf an, um hier einen provisorischen Gottesdienstraum einzurichten.

Die Planungen des EBV für den Wohnungsbau sahen vor, dass die angeworbenen Bergleute zum größten Teil in Setterich und Aldenhoven wohnen sollten, während für die Steiger überwiegend Wohnraum in Siersdorf geschaffen wurde. So zog die Vielzahl der im Jahre 1953 im Rahmen der sogenannten "Kohleaktion" in Österreich für den Steinkohlebergbau angeworbenen Siebenbürger-Sachsen nach Setterich. Auf diesem Wege fanden in dem bisher nahezu rein katholischen Dorf auch zahlreiche evangelische Christen ihre Heimat. Im 1. Halbjahr 1954 siedelte sich eine geschlossene Gruppe der Siebenbürger Sachsen hier an. Die Namen der Siedlungsstraßen: Tschippendorfer Straße und Siebenbürgenstraße zeugen hiervon.

Die katholische Notkirche wurde an Sonn- und Feiertagen zur kirchlichen Heimat des evangelischen Bevölkerungsteiles. Bevor man allerorts von Oekumene sprach, wurde sie hier vor Ort praktiziert.

In brüderlicher Zusammenarbeit zwischen Pfarrer Stegers und Pfarrer Gursky blühte kirchliches Leben.

In einem 1998 erschienenen Buch über die alte Heimat der Siebenbürger-Sachsen mit dem Titel "Titel und Spuren aus Chepan - Heimatbuch der Gemeinde Tschippendorf in Nordsiebenbürgen" von Georg Breckner ist nachzulesen: 

 

"Da im 2. Weltkrieg die katholische Andreaskirche in Setterich völlig zerstört wurde, hielten die Gläubigen der Gemeinde ihre Gottesdienste in der aus Holz gefertigten Notkirche ab. Auch die evangelischen Christen durften an Sonn- und Feiertagen diese Kirche nutzen. So wurde bereits damals Ökumene vor Ort praktiziert. Nicht nur deshalb genießt der katholische Pfarrer Joseph Stegers bei den Evangelischen große Achtung".

 

Die stetig steigende Zahl der Gemeindemitglieder gab jedoch schon bald Anlass, eine eigene Kirche zu bauen. Wie nötig das war, wird auch daran deutlich, dass die Weihnachtsgottesdienste 1954 auf dem Saal Werden und von 1955 bis 1957 in der Aula der neugebauten evangelischen Volksschule gefeiert werden mussten, weil an diesen Tagen die Notkirche komplett belegt war.

Bereits in den Jahren 1954/55 begann die Gemeinde mit den Planungen für eine Kirche in Setterich. Ein Hauptproblem des Kirchenbaus war die Finanzierung, die für die arme Bergmannsgemeinde nur schwer zu bewerkstelligen war. So mussten die ersten Entwürfe aus den Jahren 1955/56 aus Kostengründen verworfen werden.

Erst am 16. September 1956 konnte inmitten der Bergmannssiedlungen der Grundstein für die Gnadenkirche gelegt werden. Etwa 800 Menschen hatten sich bei strahlendem Sonnenschein auf der Baustelle versammelt als Pfarrer Gursky  die Grundsteinurkunde verlas:

"Nachdem am 16. Juli 1953 durch den Herrn Vizepräsidenten der Regierung in Aachen die Grundsteinlegung für eine große Bergarbeitersiedlung in Setterich vorgenommen worden war und nachdem in den seither vergangenen drei Jahren fast 500 Bergarbeiterwohnungen fertiggestellt sind, in denen überwiegend Bergarbeiter evangelischen Bekenntnisses wohnen, zum großen Teil Siebenbürger Sachsen, legen wir heute den Grundstein für ein Evangelisches Gemeindezentrum. Aus allen deutschen Landen und von jenseits der Grenzen sind die neuen Siedler nach hier gekommen, um sich durch die schwere Arbeit im Bergbau eine neue Existenz zu schaffen. Möge dieses Gotteshaus, das wir hier errichten wollen, ihnen allen und ihren Angehörigen zu einer Stätte werden, das sie immer wieder frei werden von den Sorgen des Werktags und der Last der Erde, auf dass ihre Seelen bewahrt werden unter des Lebens Mühe und Arbeit. Möge Gottes Geist die Herzen derer ergreifen, die hier eingehen und sie erkennen, dass sie alle untereinander Brüder sind, und möge dadurch dieses Haus des Herrn zum Segen werden auch für die ganze Bürgergemeinde. Gottes Gnade wolle das begonnene Werk segnen und das Vollendete behüten: die Gemeinde zu lehren, dem Bösen zu wehren, den Frieden zu mehren."

 

Viele Männer der Pfarre hatten dann zu Spaten und Schaufel gegriffen und den Aushub für die Baugrube selbst bewerkstelligt und dabei etwa 10.000 Arbeitsstunden abgeleistet. Ein wichtiger Beitrag, die Baukosten niedrig zu halten.

Am 23. Februar 1958 war es dann so weit, dass die Gnadenkirche feierlich eingeweiht werden konnte. Der Name "Gnadenkirche" wurde vom Presbyterium gewählt, weil alle es als eine große Gnade ansahen, dass so viele Menschen nun in Setterich nach jahrelangem Aufenthalt in Flüchtlingslagern eine neue Heimat und auch wieder eine kirchliche Heimat gefunden hatten.

Die Weihehandlung wurde vom Westdeutschen Fernsehen übertragen. Die Gemeinde Setterich war damals die kinderreichste der Bundesrepublik. Von daher waren auch die Medien an allen Ereignissen interessiert, die sich in Setterich taten.

Eingeweiht wurde in Gesamtheit ein kleineres Gemeindezentrum unter einem Dach, bestehend aus drei Räumen für die Gemeindearbeit und einem Kirchenraum mit 250 Plätzen.

Aus Kostengründen war auf den Bau eines zuerst geplanten Glockenturms verzichtet worden. Der 23 m hohe Kreuzträger aus Stahlrohr war die günstigere Alternative.

Die fünf relativ kleinen Bronzeglocken der Kirche hängen im Dachstuhl, was akustische keine günstige Lösung darstellt.

Wie fast alle Kirchenglocken haben auch diese Inschriften. Sie lauten:

Glocke 1: Läute Glocke, läute Frieden, läute Ruh in jedes Herz, endet einst mein

                Tag hinnieden, läute du mich heimwärts.

Glocke 2: Land, Land, Land höre des Herren Wort.

Glocke 3: Herr wir gehen Hand in Hand, wandern nach dem Vaterland. Laß dein

                 Antlitz mit uns gehen, bis wir ganz im Lichte stehen.

Glocke 4:  Die Heimat, Herr, dieser Glockenmund tue deine Ehre kund. Segne

                 deine Hand, bewahr uns Gott das Vaterland.

Glocke 5:  Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn

                  solcher ist das Reich Gottes.

 

Schon bald erwies sich der Kirchenraum als zu klein für die vielen Gottesdienstbesucher. Daher wurde die Kirche schon im Sommer 1964 umgebaut. Durch Wegfall der meisten Gemeinderäume und den Einbau einer Empore erhielt die Kirche ihre heutige Gestalt mit etwa 420 Plätzen.

Der Wegfall aller Gemeinderäume hatte notwendigerweise den Bau es Gemeindezentrums nördlich der Kirche in den Jahren 1966-1968 zur Folge. Da man damals von einem weiteren Wachstum des Ortes ausging, wurde das Gemeindezentrum recht großzügig geplant.

Auch in den Folgejahren gab es immer wieder Umbau- und Renovierungs-maßnamen, die aber die Grundstruktur des Gotteshauses unangetastet ließen.

Die evangelische Gnadenkirche ist heute immer noch ein Schmuckstück unseres Ortes, wenn sie auch etwas versteckt liegt. Doch zur Zeit ihrer Erbauung wohnten fast alle Evangelischen Setterichs in der Siedlung, so dass der Bauplatz zentral lag.

                                                                                                                  Heinz Römgens

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